20min: 14.Juni 2015

Abgewiesenen Asylbewerbern und Sans-Papiers steht im Kanton Zürich weiterhin die Härtefallkommission zur Seite. Das Stimmvolk lehnt deren Abschaffung mit 68 Prozent ab.

Die Stimmberechtigten folgten damit der Empfehlung von Regierungsrat und Kantonsrat. Sie verwarfen das Volksbegehren der SVP mit 247’588 Nein- zu 115’207 Ja-Stimmen. Die Stimmbeteiligung betrug 42,6 Prozent.

Als einzige Gemeinde im Kanton Zürich sagte Hagenbuch mit 53,7 Prozent Ja zu einer Abschaffung der Kommission. Die Gemeinde hatte im vergangenen Jahr wegen Kosten für eine Flüchtlingsfamilie aus Eritrea für Schlagzeilen gesorgt.

Für Sicherheitsdirektor Mario Fehr (SP) zeigt dieser Ausnahmefall: «Hagenbuch ist nicht überall». Er sei überrascht, wie überdeutlich das Resultat ausgefallen sei, sagte Fehr am Sonntag vor den Medien in Zürich.

Die Härtefallkommission sei ein Mosaikstein in der Asylpolitik, der wesentlich zur Beruhigung und Versachlichung beigetragen habe. Man könne davon ausgehen, dass es die Härtefallkommission im Kanton Zürich «noch viele Jahre» geben werde, sagte Fehr weiter.

SVP enttäuscht über Resultat

Die Kommission hat die Aufgabe, Härtefallgesuche von abgewiesenen Asylsuchenden und Sans-Papiers zu prüfen. Entscheiden kann sie jedoch nicht – sie gibt lediglich Empfehlungen ab.

Kommt die Härtefallkommission zu einem anderen Schluss als das Migrationsamt, landet das Dossier auf dem Tisch des Sicherheitsdirektors. Stimmt dieser dem Härtefallgesuch zu, wird es ans Staatssekretariat für Migration (SEM) weitergeleitet, das dann definitiv über Ausweisung oder Aufnahme entscheidet.

Die SVP wollte mit ihrer Volksinitiative «Keine Härtefallkommission für abgewiesene Asylsuchende und Personen mit ungeregeltem Aufenthaltsstatus» nicht nur die Kommission abschaffen. Eine Gesetzesänderung sollte auch eine erneute Wiedereinsetzung dauerhaft verhindern. Unterstützt wurde die SVP einzig von der FDP.

Die SVP zeigte sich denn auch am Sonntag enttäuscht über den Ausgang der Abstimmung. «Offenbar wurde dieses Thema vom Stimmbürger als nicht allzu wichtig erachtet», teilte die Partei mit. Das Resultat sei aber nicht ein Freibrief für mehr Asylanten.

Seit je ein Dorn im Auge

Im Kanton Zürich existierte bereits von 1999 bis 2002 eine Härtefallkommission. Das konsultative Gremium war aber nur mit wenigen Kompetenzen ausgestattet und beantragte nach drei Jahren die Selbstauflösung.

Den Anstoss zur Wiedereinführung gab die Besetzung der Zürcher Predigerkirche im Jahr 2008. Mit der Aktion kritisierte damals eine Gruppe von Sans-Papiers die restriktive Praxis des kantonalen Migrationsamtes. Im September 2009 nahm die Kommission ihre Tätigkeit auf.

Zwischen 2010 und 2014 hat die Härtefallkommission insgesamt 242 Gesuche beurteilt. Der Vorsteher der Sicherheitsdirektion unterstützte von den 45 Gesuchen, die ihm vorgelegt wurden, deren 23, also knapp die Hälfte.

Wie das SEM diese Gesuche abschliessend beurteilte, ist wegen fehlender Statistik nicht bekannt. Die vom Kanton Zürich weitergeleiteten Gesuche würden aber in der Regel anerkannt, sagte Urs Grob, Sprecher der Sicherheitsdirektion.

In der Schweiz kennen neben dem Kanton Zürich noch mindestens Luzern und Wallis eine solche beratende Kommission. Der Kanton Graubünden lehnte die Schaffung einer Härtefallkommission im Jahr 2009 ab.

Der Zürcher SVP war die Härtefallkommission seit je ein Dorn im Auge. Abgewiesene Asylsuchende verfügten bereits über genügend Rechtsmittel, um gegen Asylentscheide vorzugehen, kritisiert die Partei.

Nachdem die SVP im Kantonsrat wiederholt erfolglos die Abschaffung der Einrichtung gefordert hatte, lancierte sie vor bald zwei Jahren die Volksinitiative.