DerBund.ch/Newsnet: 19.02.2015

Im zweiten Anlauf hat die Gemeindeversammlung deutlich Ja gesagt zum exakt gleichen Budget – und zu höheren Steuern. Die Abkühlung der ursprünglichen Wut hat einen einfachen Grund.

Seit sich das kleine Dorf an der thurgauischen Grenze gegen die hohen Betreuungskosten für eine eritreische Flüchtlingsfamilie auflehnt, ist Hagenbuch so etwas wie das aufsässige gallische Dorf bei Asterix. Die Einwohner zelebrierten diesen Status Anfang Dezember, indem sie im proppenvollen Gemeindesaal das Budget samt Steuererhöhung um sechs Prozent ablehnten – und zwar klar mit 82 zu 52 Stimmen.

Im stickigen Saal, in dem fast die Hälfte stehen mussten, gings nicht um den Steuerfuss und nicht ums Budget samt teurer Sanierung des Reservoirs. In einer «revolutionären Stimmung», wie einer sagte, gings bloss darum, ein Zeichen zu setzen gegen den «Sozialirrsinn» und gegen das «Sozialdiktat» von denen in Winterthur, in Zürich und in Bern oben.

Die grosse Wut ist abgekühlt

Am Donnerstagabend war die Stimmung weit weniger revolutionär. Für die Abkühlung der grossen Wut aber waren nicht die sechs budgetlosen Winterwochen verantwortlich. Unter ihrem Notbudget durfte die Gemeinde bloss noch bereits bewilligte und gesetzlich vorgeschriebene Ausgaben tätigen. Es reichte für den Lohn der Gemeindeverwaltung, für die Beleuchtung und das Salzen der Strassen, ja selbst für einen Kulturabend, dessen Auslagen bereits bewilligt waren. Für die komplette Kehrtwende im Dorf sorgte vielmehr eine Mischung aus Vernunft und Einsicht, dass man am kürzeren Hebel sitzt.

Den längeren Hebel nämlich hat der Bezirksrat Winterthur in der Hand. Hätte Hagenbuch gestern erneut Nein gesagt, wäre die Gemeinde erstmals in der Geschichte des Kantons entmündigt und unter das Diktat des Bezirks gestellt worden. Der Bezirksrat hätte ein Budget ausgearbeitet und der Gemeinde vielleicht gar einen höheren Steuerfuss verpasst – im Eulachtal nämlich gilt Hagenbuch als Steuerparadies. Nach einer Steuersenkung um zehn Prozentpunkte per 2012 gingen vor allem auch die grosse Erträge aus dem kantonalen Ressourcenausgleich verloren.

Gleiches Budget, kein Spielraum

Hagenbuchs Gemeindepräsidentin Therese Schläpfer (SVP), die es mit ihrem Kampf gegen den «Sozialirrsinn» zu landesweiter Bekanntheit gebracht hatte, liess in den letzten Wochen vor allem den Fotokopierer arbeiten. Sie präsentierte das genau gleiche Budget wie im Dezember mit einem Defizit von 717 000 Franken und einer Steuerfusserhöhung von 105 auf 111 Prozent (inklusive Oberstufe Elgg).

«Wir haben keinerlei Spielraum», sagte Therese Schläpfer. Gerade die heftig kritisierten Kosten im Sozialbereich sind durch kantonale oder eidgenössische Gesetze geregelt. Ausserdem übernimmt der Kanton einen Grossteil der angeblich 60’000 Franken pro Monat für die Flüchtlingsfamilie. Mit anderen Worten: Das Defizit und die notwendige Steuerfusserhöhung ergaben sich nicht wegen der Flüchtlinge, sondern wegen der Steuersenkung und des neuen Reservoirs.