Top Online, 18.12.2014

Zum ersten Mal in ihrer zweijährigen Tätigkeit hat eine Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) im Kanton Zürich eine Aufsichtsanzeige gegen eine Gemeinde eingereicht. Die KESB der Bezirke Winterthur und Andelfingen verlangt vom Bezirksrat «Nachhilfe» für die Gemeinde Hagenbuch.

Die Anzeige geht an den Bezirksrat. Stelle dieser eine Gesetzes- oder Pflichtverletzung fest, habe er mit den «geeigneten Mitteln einzuschreiten», sagte Karin Fischer, Präsidentin der KESB Winterthur und Andelfingen, am Donnerstag zur Nachrichtenagentur sda. In diesem Fall informiere er auch das Gemeindeamt.

Die Aufsichtsanzeige steht im Zusammenhang mit den Turbulenzen um eine kinderreiche, schwierige Flüchtlingsfamilie aus Eritrea. Die Massnahmen für sie belasten die Gemeindefinanzen. Diesbezügliche Klagen des Gemeinderats machten Schlagzeilen. Wegen dieser einen Familie drohe eine Steuererhöhung, wurde behauptet. Dies stellte sich aber als unzutreffend heraus.

Die Gemeinde habe ihre Pflichten in Bezug auf die Familie nicht ausreichend wahrgenommen, moniert die KESB in einer Mitteilung. Der Gemeinderat habe etwa «in wesentlichen Teilen nicht den Tatsachen entsprechend informiert». Er habe sich auch nicht bemüht, «korrigierend auf die Berichterstattung einzuwirken».

Es wäre wichtig gewesen, klarzustellen, dass die Gemeinde im konkreten Fall die Kosten für die Kindesschutzmassnahmen nicht habe tragen müssen, präzisierte KESB-Präsidentin Karin Fischer. Sie hätten also keine Steuererhöhung begründet.

Nur die Kosten für die Platzierung in Schulheimen muss die Gemeinde tragen. Über die Zuweisung in solche Heime entscheide aber nicht die KESB. Dafür seien die Schulbehörden zuständig. Zudem hätte die Gemeinde «einmal klarstellen können», so Fischer, dass alle Kinder unabhängig von ihrer Herkunft, denselben Anspruch auf Unterstützung im Schul- und im Kindesschutzbereich haben.

Ebenso wäre zu erklären gewesen, dass eine sozialpädagogische Familienbegleitung weder Haushalthilfe noch Kindermädchen sei. Sie habe die Aufgabe, die Eltern so zu stärken, dass sie für ihre Kinder wieder selber sorgen könnten.

Zudem habe die Gemeinde mit ihrer Informationspolitik wiederholt die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Familie, insbesondere der Kinder, verletzt, schreibt die KESB. Der Bezirksrat solle dafür sorgen, dass die Gemeinde die nötige fachliche Beratung und Unterstützung erhalte.

Die KESB habe die Gemeinde immer wieder auf die fraglichen Punkte hingewiesen, heisst es weiter. Eine konstruktive Zusammenarbeit zum Schutz der Kinder «in einer sehr schwierigen Fallkonstellation» habe trotz aller Anstrengungen der KESB bisher nicht erreicht werden können.

Die Gemeindepräsidentin von Hagenbuch, Therese Schläpfer (SVP), wies gegenüber der sda die Vorwürfe zurück. Die Integration von Ausländerinnen und Ausländern laufe in der Gemeinde sehr gut – bloss nicht bei der fraglichen Familie. Aber dort habe die Gemeinde «ja nichts mehr zu sagen». Zuständig seien die KESB und die sozialpädagogische Familienbegleitung.

Vom Vorwurf der Falschinformation wollte Schläpfer nichts wissen. Sie habe den Medien gar nie Zahlen geliefert, sondern sich auf die entsprechenden Richtlinien bezogen. «Die Medien haben das dann selbst ausgerechnet». Auf deren Berichterstattung habe sie ohnehin keinen Einfluss.

Und auch die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen habe die Gemeinde nie verletzt. Die betroffene Mutter selbst sei an die Medien gelangt und habe ihren Namen genannt. Da habe es keinen Sinn mehr gemacht, den Namen zu verschweigen. Im Übrigen «geht es nicht um Namen, sondern um das System», erklärte Schläpfer.